Endlich angekommen. Flughafen Fort Myers. Wir nehmen ein Taxi und stehen nach einer Viertelstunde vor den Verkaufsräumen des Harley-Davidson-Händlers. Klappt ja bisher alles wie am Schnürchen! Die nagelneue 2007 E-Glide mit meinem Namen auf der Scheibe (»reserved for …«) steht bereit, und die freundliche Katrina erklärt, was es mit den neuen Modellen auf sich hat. Die Mietpreise für ein Bike sind zwar nicht gerade spottbillig, aber dafür gibt es eine brandneue Ultra E-Glide mit abschließbaren Staufächern, und das ist für Reisende Gold wert. Nach dem üblichen Papierkram kann’s losgehen.
Ein herrliches Gefühl, einfach loszufahren, die Sonne im Gesicht zu spüren und die warme Luft durch die offene Lederjacke über die Haut wehen zu lassen. Eine ganze Woche lang gehört die Ultra jetzt uns. Die Sonne, die Strände, der blaue Himmel, die Palmen, die sich sanft im Wind wiegen – wir fühlen uns gleich zu Hause in der »City of Palms«, wie zahlreiche Schilder in Fort Myers verkünden.
Unser erstes Ziel liegt nur 30 Minuten Fahrzeit entfernt. Die Strände von Fort Myers Beach locken, doch die Aussicht auf ein Motelbett scheint uns im Moment mindestens ebenso einladend, wir sind schließlich schon seit 18 Stunden unterwegs. Auf der Brücke öffnet sich uns der Blick auf die karibische Szenerie mit kleinen, bunt gestrichenen Holzhäusern, Motels, Bars, Fischerbooten, Restaurants –schon dieser Anblick allein lässt den langen Flug vergessen. Wir mieten uns in ein kleines, privat geführtes Motel mit türkisfarbenem Anstrich direkt am Strand ein.
Auch deshalb, weil es von hier nicht weit ist bis zum »Junkanoo«, einer urigen Kombination aus Kneipe, Restaurant und Partyclub mit Livemusik und grandiosem Blick auf den Strand. Wir wollen nur noch etwas zu essen, ein kühles Bier trinken, vielleicht ein wenig passende Musik hören und dann ins Bett fallen, wir sind wirklich erledigt.
Umso erstaunlicher, dass wir beide um fünf Uhr morgens wieder hellwach im Bett sitzen: Der Jetlag hat zugeschlagen. Macht nichts – wir sind ja hier, um Spaß zu haben und etwas zu sehen. Gegenüber unserem Motel hatten wir am Abend zuvor ein »Waffle House« entdeckt – immer eine gute Empfehlung, wenn man amerikanisches Frühstück mit Eiern, Schinken, Toast, Waffeln, Würstchen und viel Kaffee mag. Nachher beladen wir unsere Harley und machen uns auf den Weg. Das Tagesziel: St. Petersburg, jenseits der Tampa Bay, erreichbar über den Interstate 75 in Richtung Norden.
Lange bevor wir unser Ziel erreichen, sehen wir den berühmten »Sunshine Skyway«. Schon von Weitem bietet der Anblick der Riesenbrücke ein atemberaubendes Panorama. An der Maut-Station am Ende der Brücke erwartet uns eine Überraschung: Vorausschauend habe ich meiner Sozia beim Losfahren zwei Dollar in die Hand gedrückt, niemand möchte am ersten Tag zum Verkehrshindernis werden.
Aber die Kassiererin lacht ein fröhliches Florida-Lachen, öffnet die Schranke, winkt uns durch mit dem Hinweis: »The guy in front has already paid for you.« Wir sind perplex. So etwas gibt es wohl nur in Amerika! Also, das Gas aufgedreht und versucht, den freundlichen Menschen noch zu erreichen, um zumindest einen kurzen Dank herüberzuwinken. Doch keine Chance – der nette Mensch verschwindet mit seinem Pick-up auf Nimmerwiedersehen im Verkehr.
In St. Petersburg angelangt, erwartet uns karibisches Flair – und eine noch größere Auswahl an Motels, Hotels und Appartements als in Fort Myers. Am nächsten Tag geht es zügig an Tampa vorbei nach Orlando. Die atemberaubenden Themenparks wie das »Epcot Center« und die »MGM Studios« locken. Den Abend nach Epcot verbringen wir in Kissimmee, einer Stadt im Süden von Orlando, in einem kleinen Burgergrill, der nicht zu einer der großen Ketten gehört. Wegen unserer Motorradkluft werden wir – wie so häufig in Florida – von anderen Gästen angesprochen und erleben einen Abend an deren Tisch mit viel Spaß und großem Gelächter.
Nach einem anstrengenden Ritt auf dem Interstate erreichen wir West Palm Beach an der Atlantikküste. Eine Stadt der Schönen und Reichen. Die Villen liegen traumhaft direkt am Wasser. Den Lake Okeechobee lassen wir aus, denn der ist durch die Eindeichung fast nirgends zu sehen. Wir entscheiden uns, durch die »Wildnis« Richtung Fort Lauderdale zu fahren. Auf der US 27 ist nicht viel los. Aber einsame Landstraße müssen wir auch mal haben. Wir mieten uns in ein kleines Motel ein, dessen Pool nur durch einen niedrigen Zaun vom Atlantikstrand abgetrennt ist – zauberhaft.
Am nächsten Morgen knattern wir auf dem Florida Turnpike und dem legendären »Highway US 1« Richtung Key West. Die Everglades lassen wir diesmal leider rechts liegen und erreichen Key Largo, die erste der 13 größeren Inseln, die durch den »Overseas Highway«, wie die US 1 ab hier genannt wird, verbunden werden. Wir fahren auf einer relativ schmalen Straße einfach von Insel zu Insel in den Golf von Mexiko hinaus – fantastisch. Rechts und links das türkisfarbene Wasser.
Auf der Duval Street von Key West geht es herrlich verrückt zu. Zahlreiche Clubs und Restaurants drängen sich hier auf engstem Raum. Zum Sonnenuntergang machen wir Halt am Mallory Square, wo die Menschenmassen den Sonnenuntergang zelebrieren. Es wird gefeiert mit Gauklern, Musik, Tanz und natürlich Cocktails. Jetzt beginnt die Nacht auf Key West. Trubel, pulsierendes Leben, aus allen Bars schallt laute Musik. Die Menschen sitzen an den Theken, lachen, tanzen. Die ganze Stadt feiert Party pur – und das geht hier in jeder Nacht so!
Die 250 Meilen zurück nach Fort Myers wollen wir uns am nächsten Tag nicht antun. Deshalb übernachten wir nach entspannter, wunderschöner Fahrt mit tollen Ausblicken in Key Largo, der nördlichsten der Inseln. Dort verleben wir einen schönen Tag am Strand und genießen am Abend einen frisch gefangenen Hummer in einem der Fischrestaurants – einfach himmlisch. Am nächsten Morgen wird uns bewusst: Unser letzter Tag in Florida ist angebrochen. Morgen geht unser Flug zurück in den kalten, grauen Winteralltag.
Doch auch Florida begrüßt uns mit leichter Bewölkung, in der Nacht hat es wohl etwas geregnet – »der Sunshine State weint, weil wir abreisen müssen«, lacht meine Begleiterin. Noch ein kurzer Halt in den »Miromar Outlet Stores« – beim derzeitigen Dollarkurs kostet vieles hier nur die Hälfte des Preises in Deutschland. Und 136 Shops von Tommy Hilfiger über Nike bis Adidas locken. Unser Flieger in Fort Myers geht um 16 Uhr. Das E-Glide zurückbringen, mit dem Taxi zum Flughafen, dort einchecken – alles geht eigentlich viel zu schnell. Doch im nächsten Jahr kommen wir wieder. Garantiert.
Weitere Informationen:
Harley-Davidson of Fort Myers
2160 Colonial Blvd. Fort Myers
Telefon (239) 275-4647
www.hdfortmyers.com
Mietgebühr E-Glide: 195 US-Dollar pro Tag
(750 Dollar pro Woche)
Rossiter’s Harley-Davidson
330 Cattleman Road, Sarasota
Telefon (941) 951-6103
www.rossiterharleydavidson.com
Mietgebühr E-Glide: ab 125 Dollar pro Tag
Harley-Davidson of Naples
3645 Gateway Lane Naples
Telefon (239) 594-5504
www.hdnaples.com