Agyptische Tigermücke
Eine weibliche Ägyptische Tigermücke bei der Nahrungssuche (Foto © Tacio Philip Sansonovski/Shutterstock.com)
Obwohl die Ägyptische Tigermücke (Aedes aegypti) nur etwa 4 Prozent des gesamte Moskitobestandes auf den Florida Keys ausmacht, sind es fast ausschließlich Weibchen dieser Art, die dort auf den Menschen beim Blutsaugen gefährliche Krankheitserreger übertragen. (Mückenmännchen dagegen ernähren sich ausschließlich von Pflanzensäften.) Wie Spektrum.de unter Berufung auf einen Artikel des Wissenschaftsmagazins Nature berichtet, zählen dazu das Gelbfieber-, Denque-Fieber-, Zika- und Chikungunya-Virus. Zu Bekämpfung der Mücken werden deshalb in Florida bislang jährlich große Mengen an Insektiziden versprüht. Diese haben allerdings nicht nur den Nachteil, dass sie nicht nur Moskitos töten, sondern potenziell auch viele andere Organismen (einschließlich des Menschen selbst) schädigen können. Sie verlieren mit der Zeit auch immer mehr an Wirksamkeit, weil die Mücken dagegen Resistenzen entwickeln.
Einen Ausweg aus diesem Dilemma soll die moderne Gentechnik bieten. Die britische Biotechfirma Oxitec hat ein Gen in das Mückenerbgut eingeschleust, das dafür sorgt, dass weibliche Mücken bereits in einem frühen Larvenstadium sterben. Im ersten derartigen Feldversuch in den USA werden seit Ende April an sechs verschiedenen Standorten auf den Florida Keys über einen Zeitraum von 12 Wochen insgesamt rund 144.000 genveränderte männliche Mücken ausgesetzt. In einer zweiten, 16 Wochen umfassenden Phase später im Jahr sollen sogar rund 20 Millionen Moskitos freigelassen werden. Wenn sich die genveränderten Männchen mit weiblichen Mücken paaren, übertragen sie das Gen auf alle ihre Nachkommen, von denen dann nur die Männchen überleben, die sich in der Folge wenigstens zum Teil ihrerseits fortpflanzen und so dafür sorgen, dass die Mückenpopulation nach und nach zusammenschrumpft.
So lautet zumindest die Theorie. Welchen Effekt die Aussetzung tatsächlich in der Praxis hat, werden erst langfristige Beobachtungen zeigen. Um zu eruieren, wie weit sich die aus den Eiern geschlüpften männlichen Mücken von ihren Brutboxen entfernen, wie hoch der Prozentsatz ist, dem es tatsächlich gelingt, sich fortzupflanzen, und ob das Gen wirklich zum Tod aller weiblicher Larven führt, werden parallel dazu von Wissenschaftlern in regelmäßigen Abständen Moskitos eingefangen. Zur Erkennung der ausgesetzten Tiere wurde ihnen zusätzlich ein Markergen eingebaut, das dafür sorgt, dass sie im Licht eines bestimmten Wellenbereichs fluoreszieren.
Obwohl Oxitec laut Today auf die erfolgreiche Freisetzung genveränderter Mücken im Jahr 2016 in einer brasilianischen Kleinstadt verweist, durch die man die Zahl der Moskitolarven um 80 Prozent habe reduzieren und so die Verbreitung von Dengue-Fieber, Zika-Infektionen und anderer Krankheiten habe eindämmen können, sind allerdings nicht alle Einwohner der Florida Keys begeistert davon, dass ihre Inselgruppe für diesen Feldversuch auserkoren wurde. Manche haben Angst davor, von genveränderten Mücken gestochen zu werden, oder sorgen sich um mögliche negative Folgen für das Ökosystem. Letzteres gilt auch für einige Umweltschützer: So wies Dana Perles, Leiterin des Programms für Nahrung und Technologie des internationalen Umweltschutzverbundes Friends of the Earth, in der NBC-Nachrichtensendung Today darauf hin, dass man genveränderte Organismen, die in die Umwelt gelangten, nicht kontrollieren könne. Die Evolution werde stets ihren eigenen Weg finden. Manche Einwohner der Keys haben sogar damit gedroht, das Experiment durch das Versprühen von Insektiziden zu sabotieren. Um dies zu verhindern, lässt Oxitec die Brutboxen mit den Mückeneiern ausschließlich auf umzäunten privaten Grundstücken aufstellen und hält ihre genauen Standorte geheim. Zugleich bemüht sich das Unternehmen, mit den Anwohnern ins Gespräch zu kommen, um sie über die Details des Experiments aufzuklären und so ihre diesbezüglichen Sorgen zu zerstreuen. Vielen fehlt es allerdings an Vertrauen in die Aussagen eines Unternehmens, das letztlich vor allem den eigenen Profit im Auge hat. So bleibt nur zu hoffen, dass anhand der gesammelten Daten eine objektive Beurteilung der Auswirkungen der Mückenfreisetzung auf die lokalen Arten und Ökosysteme möglich sein wird – und dass Oxitec alle Ergebnisse offenlegt. Nur so lässt sich – vorausgesetzt, das Experiment verläuft wie geplant und hat keine negativen Auswirkungen – der verbreiteten Skepsis gegenüber der vielen aus guten Gründen als unheimlich erscheinenden Gentechnik entgegenwirken.