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Irgendwie am Ende: Nach Key West kommt ganz lange nichts. (Foto: © Mariia Sats)
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Idyllisch: eines der hübschen Conch-Häuser. (Foto: © FloridaStock)
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Seiltänzer bei der berühmten »Sunset Celebration«. (Foto: © NewmanPR/Florida Keys & Key West)
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Sportlicher Ritt auf dem Jetski. (Foto: © Claudia Dreisbach/Judith Weigt)
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Abendlicher Bummel über die quirlige Duval Street. (Foto: © Claudia Dreisbach/Judith Weigt)
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Paradies-Suche: die Autorin im Hafen von Key West. (Foto: © Claudia Dreisbach/Judith Weigt)
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Blick auf das Key West Museum of Art & History. (Foto: © Claudia Dreisbach/Judith Weigt)
Zunächst einmal Ernüchterung: 162 Meilen von Miami nach Key West liegen vor uns. Eine ziemlich lange Strecke, wenn der innere Kompass schon auf »Relaxen« eingestellt ist. Während der Fahrt von den Upper Keys zu den Lower Keys fühle ich mich zunächst auch keineswegs wie im Paradies. Ein rumpeliges Motel reiht sich an das andere, ein Sonderangebot im Touristenshop toppt das nächste. Auch im Garten Eden scheint der Konkurrenzdruck hoch zu sein. Wir fahren weiter – und so langsam befällt mich und meine Reisebegleiterin dann doch das »Key Fever«, wie sie hier sagen. Akutes Insel-Fieber. Meine Blicke nach links und rechts erhaschen Wasser in Farben, von denen ich bis jetzt noch nicht wusste, dass es sie gibt. Über genau 42 Brücken geht die Fahrt, teilweise waghalsige Konstruktionen auf den alten Eisenbahnviadukten. Vorbei an Buchten, Palmen, kleinen Orten und Jacht-häfen. Und zwischendurch immer wieder diese Blicke über die tiefblauen und türkisfarbenen Weiten des Meeres.
Irgendwann erreichen wir dann tatsächlich das Ende der Florida Keys: »Mile Marker 0« oder auch »The Conch Republic«. Das Chelsea Inn, in dem wir die nächsten zwei Tage verbringen, liegt ganz zentral an der Truman Avenue – eine ausgezeichnete Lage für unsere Unternehmungen, wie sich später herausstellt. Der Innkeeper in dem im typischen Key West-Stil erbauten Bed & Breakfast empfängt uns freundlich, schnell erliegen wir dem charmanten Flair unserer Unterkunft. Wir beziehen unser Puppenstubenstubenzimmer und lassen im Schaukelstuhl auf der Veranda die Seele baumeln. Das Inn ist ein Ensemble aus mehreren viktorianischen Villen, die älteste stammt aus dem Jahre 1888. Angelegt um einen Innenhof mit Pool, bietet unsere Bleibe eine verträumte und ruhige Oase inmitten des bunten Trubels der Stadt.
Am späten Nachmittag machen wir uns auf den Weg, um Key West zu erobern. Es ist schon fast dunkel, als wir an der pulsierenden Duval Street ankommen. Zahlreiche Restaurants und Bars reihen sich hier aneinander: Ob Irish Pub, kleine, gemütliche Cafés oder ausgeflippte Bars wie das »Fat Tuesday« – hier findet jedermann in Feierlaune seinen passenden Spielplatz! Apropos »Mann«: Manche Anblicke hier lassen das Herz einer jeden Frau höher schlagen. Doch Halt, ich vergas: Key West ist auch ein beliebtes Reiseziel für Schwule und Lesben. Also: Vorsicht, wem man hier heimliche (oder auch direktere) Blicke zuwirft ...
Gemütlich schlendern wir weiter Richtung Key West Harbour. Die Pier ist hell erleuchtet, wirft ihre Schatten auf die mächtigen Jachten, die hier vor Anker liegen. Zur Livemusik tanzen Paare verträumt auf den Straßen. Wir nehmen Platz auf den Barhockern des Sunset Pier Restaurants, schlürfen Cocktails und genießen die lässige Atmosphäre. Es gibt nur einen kleinen Wermutstropfen: Ein bisschen ärgern wir uns schon, dass wir heute den berühmten Sonnenuntergang von Key West verpasst haben. Aber egal, morgen ist ja auch noch ein Tag!
Am Mallory Square herrscht auch zu späterer Stunde noch munteres Treiben. Eine bunte Mischung aus Touristen, Gauklern, Hippies, Clowns und Künstlern bevölkert die Szene, als wollten sie unbedingt das Klischee auf einer dieser bunten Key West-Postkarten erfüllen. Besonders fasziniert mich ein auf Stelzen laufender Feuerschlucker, dessen Konturen in der Dunkelheit sogar ein wenig bedrohlich wirken.
Zurück zur Duval Street. Die Gemütlichkeit ist längst verflogen: Jetzt ist hier richtig Party angesagt – und zwar mit allem, was Nacht und Alkohol hergeben. Und selbst wenn das wilde Treiben meinen Vorstellungen vom »Paradies« eigentlich gar nicht entspricht: Faszinierend ist es allemal. Feiern? Ja, das können die Menschen hier!
Am nächsten Morgen steht für uns eine andere Sorte »Action« auf dem Programm: Mit dem Jetski um Key West! Wir haben die Qual der Wahl zwischen den vielen Anbietern, entscheiden uns für Barefoot Billy's und buchen die »Zwei-Stunden-Guided-Tour«. Am kleinen Strand empfangen uns lässige Beachboys, nach einer kurzen Sicherheitseinführung kann's dann schon losgehen. Insgesamt sind wir zu fünft – inklusive unseres Guides Tom. Noch etwas vorsichtig, aber doch in der festen Absicht »cool« zu wirken, gebe ich ein wenig Gas. Aber was ist das? Ich kann nicht lenken und habe große Angst, samt meinem Gefährt umzukippen. Doch natürlich ist Tom schnell bei mir. Süffisant grinsend merkt er an: »The gas is your friend!« Ich war wohl nicht die erste Touristin, die sich – formulieren wir es vorsich-
tig – etwas dumm anstellte. »Na, was soll's«, denke ich und gebe einfach Gas, denn nochmal blamieren will ich mich nicht. Und tatsächlich – plötzlich sause ich von vielen Pferdestärken angetrieben übers Wasser.
Tom bietet uns in den nächsten beiden Stunden eine Mischung aus Sightseeing- und Actionprogramm. Zunächst fahren wir zur benachbarten Insel Sunset Key, die mit ihren luxuriösen Villen und feinen Sandstränden sehr einladend aussieht. Hier haben die »Reichen und Schönen« ihr Domizil bezogen. So langsam kommt unsere kleine Truppe in Fahrt. Obwohl das Salzwasser mir unaufhörlich ins Gesicht peitscht, macht es riesigen Spaß, über die Wellen zu donnern. Wir erreichen den »Southernmost Point«, den südlichsten Punkt der kontinentalen USA. Von hier sind es nur noch 140 Kilometer bis Kuba. Nach zwei Stunden Temporitt auf dem Wasser landen wir wieder an unserem Ausgangspunkt an. Ziemlich erschöpft.
Nach so viel »Action« verbringen wir unsere Mittagszeit entspannt am Hotelpool. Wir genießen das tropische Flair und saugen die warmen Sonnenstrahlen in uns auf. Später auf dem Weg zum Hafen und zum berühmten Sonnenuntergang schlendern wir gemütlich durch die pittoresken Gassen von Key West. Zu Recht sind diese Häuser, die sogenannten Conch Houses, eine der Hauptattraktionen der Insel.
Architektonisch bilden sie eine Mischung aus den prachtvollen viktorianischen Villen Neuenglands, dem britischen Kolonialstil auf den Bahamas sowie dem französischen und spanischen Baustil von New Orleans – und dies alles oft in einem einzigen Gebäude vereint. Mich erinnern die mächtigen Häuser mit ihren verzierten Holzgeländern und großen Veranden sehr an die Villa Kunterbunt von Pippi Langstrumpf. Die Conch Houses wurden im vorigen Jahrhundert von Schiffszimmerleuten gebaut, inzwischen strahlen die meisten liebevoll renoviert in neuem, buntem Anstrich.
Doch weiter zum Hafen, wo der berühmte Sonnenuntergang auf uns wartet! Ihn wollen wir heute stilvoll vom Wasser aus genießen. Auch hier gibt es mehrere Anbieter, die sogenannte »Sunset-Tours« offerieren. Wir entscheiden uns ganz klassisch für eine Segeltour auf dem Zweimaster Appledore V. Um 17:30 Uhr geht es los. Die Crew, bestehend aus zwei Matrosen und einem Kapitän, reicht die ersten Getränke und erzählt uns ein paar Anekdoten über die Historie unseres Schiffes. Mit einen guten Dutzend weiterer Gäste an Bord verlassen wir ruhig und gemütlich den Hafen. Doch erst einmal ist Arbeit angesagt, die Segel müssen gehisst werden. Ich melde mich freiwillig und bin erstaunt, wie schwer dieser Job ist. Dabei bin ich mir nicht einmal sicher, ob wir Touristen die Crew wirklich unterstützen oder eher behindern. Wie auch immer. Mit gekonntem Griff befestigen die Profis anschließend die Seile. Nun folgt das versprochene Menü: ein paar Käsewürfel, Weintrauben und einige Stücke Ananas. Ein bisschen mehr hatten wir schon erwartet, doch der Seefahrer-Romantik tut das keinen Abbruch. Noch scheint die Sonne gelb am Horizont. Aber innerhalb von wenigen Minuten sinkt der Feuerball hinter die letzten Wolken und hinterlässt, so scheint es, einen roten Schleier über dem Wasser. Ein fast feierliches Gefühl macht sich breit. Unsere von Wein und Bier in Stimmung gebrachte Gruppe applaudiert Mutter Natur dankbar für das grandiose Schauspiel.
Und als ich zwei Tage später nach unserer Rückkehr nach Miami darüber nachdenke, welcher Moment unseres Wochenendes dem Klischee von Key West als »letztem Paradies« wohl am nächsten kam, dann ganz bestimmt dieser hier. Als die untergehende Sonne den Himmel über der »Southernmost City« mit großzügigem Pinselstrich in einen Farbenrausch von pink, purpur, orange und tiefrot tauchte.
UNSERE KEY WEST-HIGHLIGHTS
Chelsea House
709 Truman Avenue, Key West
Reservierungen (305) 296-2211
www.historickeywestinns.com/the-inns/chelsea-house
Doppelzimmer ab 169 Dollar pro Nacht
Fat Tuesday Key West
305 Duval Street, Key West
Telefon (305) 296-9373
Sunset Pier Restaurant
im Ocean Key Resort & Spa
0 Duval Street, Key West
Telefon (305) 296-7701
Barefoot Billy's
Drei Locations:
• Casa Marina Resort
• Reach Resort
• Marriott Beachside Hotel
Reservierungen (305) 900-3088
Geführte Jetski-Tours ab 139,75 Dollar pro Stunde
Sebago Watersports
Appledore V Champagne Sunset Cruise
205 Elizabeth Street, Key West
Reservierungen (305) 294-5687
Abfahrt täglich ab 17:30 Uhr
Tickets 59 Dollar
Weitere Infos zu Reisen auf die Florida Keys gibt es auf der deutschsprachigen Facebook-Seite vom Florida Keys News Bureau unter dieser Adresse: