Florida-Manati, Crystal River
Eine Seekuh im Crystal River, Citrus County (Foto © Thierry Eidenweil/Shutterstock.com)
Wie EcoWatch berichtet, gab die US-Umweltbehörde U.S. Fish and Wildlife Service nach wochenlangen Debatten unter staatlichen Umweltexperten grünes Licht dafür, im Rahmen eines Pilotprojekts die Manatis in der Nähe der Erdgaskraftwerksanlage von Florida Power & Light in Cape Canaveral zu füttern. Es handelt sich dabei um ein Experiment, für das es keinen Präzedenzfall gibt, da die Fütterung von Wildtieren in intakten Ökosystemen nicht nur als unnötig, sondern sogar als schädlich erachtet wird und daher offiziell verboten ist. Angesichts der Tatsache, dass allein in diesem Jahr in floridianischen Gewässern über 1000 tote Rundschwanzseekühe gefunden wurden – fast ein Sechstel der geschätzten Gesamtpopulation von etwa 6300 Tieren, von denen ein großer Teil offenbar verhungert war, erachten viele Umweltschützer diese Maßnahme aber als dringend geboten, um das Überleben der Tiere im Sunshine State zu sichern.
Damit wurden 2021 offiziell mehr als doppelt so viele tote Manatis gefunden wie 2020, als die Zahl bei 498 lag. Ein wesentlicher Grund für diesen dramatischen Anstieg ist der Rückgang der Seegraswiesen, die eine Hauptnahrungsquelle der Seekühe darstellen: Innerhalb der zurückliegenden 11 Jahre nahm ihr Bestand infolge von Umweltverschmutzung um 58 Prozent ab. Nach den Worten von Patrick Rose, Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Save The Manatee Club, die sich für den Erhalt der Tiere einsetzt, handelt es sich bei dem Fütterungsprojekt daher um eine erforderliche Notlösung: Dies sei ein menschengemachtes Problem, das auch vom Menschen gelöst werden müsse.
Abgesehen von ihrer Funktion als Nahrungsquelle der Meeressäuger spielen die Seegraswiesen im Übrigen auch im Rahmen des Klimaschutzes eine nicht unbedeutende Rolle, da sie eine wichtige Kohlenstoffsenke darstellen: Für immerhin 10 Prozent der Kohlenstoffspeicherkapazität des Ozeans sind sie verantwortlich; die Einlagerung des Kohlenstoffs verläuft bei ihnen 35 Mal so schnell wie die durch tropische Regenwälder. Infolge der vom Menschen verursachten Umweltverschmutzung, namentlich die Einleitung von Abwässern etwa aus der Landwirtschaft oder aus privaten Haushalten, kommt es jedoch zur massenhaften Vermehrung von Algen und anderen Wasserorganismen, die das Wasser trüben und dadurch das Seegras zum Absterben bringen. Letztlich geht es laut Rose daher darum, das Ökosystem zu retten; wenn dies gelinge, sei auch das Überleben der Seekühe gesichert.
Die Wahl des Ortes für das Fütterungsprogramm beruht auf dem Umstand, dass die kälteempfindlichen Manatis im Winter wärmere Gewässer aufsuchen und sich viele von ihnen daher in der Indian River Lagoon einfinden, die durch die Einleitung von aufgewärmtem Kühlwasser aus dem Kraftwerk erwärmt wird. Das Futter für die wasserlebenden Säuger wird aus verschiedenen Gemüsesorten wie Kohl und Kopfsalat bestehen. Um Interaktionen zwischen Menschen und Tieren auf ein Minimum zu begrenzen, soll dabei eine kontrollierte Fütterungsmethode zum Einsatz kommen, beispielsweise über ein Förderband. Gemäß einem Bericht von WBTV soll laut Dr. Thomas Easton, stellvertretender Geschäftsführer der Florida Fish and Wildlife Conservation Commission (FWC), unbedingt verhindert werden, dass die Tiere Boote mit Futter assoziieren. Wie Behördenvertreter betonen, bleibt die Fütterung der Tiere durch Privatpersonen weiterhin illegal.