Dunkler Tigerpython
Schon wenn er aus dem Ei schlüpft, eine faszinierende Erscheinung: der Dunkle Tigerpython (Foto © Heiko Kiera/Shutterstock.com)
Ursprünglich in verschiedenen Ländern des südöstlichen Asiens von Nordostindien bis Südchina beheimatet, wurden Dunkle Tigerpythons (Python bivittatus) im 20. Jahrhundert als vermeintliche Haustiere in die USA eingeführt, dort gezüchtet und tauchten ab Ende der 1970er-Jahre in den Everglades auf. Ob es sich dabei um entlaufene Schlangen handelte oder ihre Besitzer ihre einstigen Lieblinge in die Umwelt entließen, da sie ihnen buchstäblich über den Kopf gewachsen waren, ist nicht überliefert. Andere Tiere entwichen infolge eines Hurrikans aus einer Zuchteinrichtung. Da sie sich im floridianischen Klima und insbesondere dem Marschland der Everglades pudelwohl fühlten und dort abgesehen vom Menschen keine natürlichen Feinde hatten, wurde ihre Population im Laufe der Jahre immer größer und entwickelte sich zu einer zunehmenden Bedrohung für das Ökosystem. Viele einheimische Tierarten gelten heute aufgrund der starken Ausbreitung der Schlangen, die bei ihrer Futterwahl keine besonderen Prioritäten setzen, als in ihrem Bestand ernsthaft bedroht.
Die Jagd auf die Reptilien gestaltet sich freilich schwierig, da sie im Unterholz nicht leicht zu entdecken sind. Überdies sorgt nicht zuletzt auch das feucht-heiße Klima dafür, dass erfolgreiche Schlangenjäger nicht nur Geschick und Ausdauer, sondern auch eine gute Konstitution besitzen beziehungsweise bereit sein müssen, sich nachts oder frühmorgens auf die Pirsch zu begeben. Dementsprechend wird der überwiegende Teil der Pythons von erfahrenen Profis zur Strecke gebracht, die im Lohn der Florida Fish and Wildlife Conservation Commisson (FWC) stehen.
Um den Kampf gegen die invasiven Tiere zu intensivieren und den Bundesstaat finanziell zu entlasten, macht man sich in der Behörde nicht nur Gedanken über effektivere Fangmethoden, sondern auch darüber, wie man das allgemeine Interesse an der Jagd steigern könnte. Ein naheliegender Gedanke besteht darin, den Spieß gewissermaßen umzudrehen und die Schlangen nicht mehr nur als zu eliminierende Schädlinge zu betrachten, sondern als nahrhafte und delikate Beute: Wenn Pythonfleisch in den floridianischen Restaurants zur gefragten Spezialität avancierte, würde dies den Jagddruck auf die Reptilien automatisch erhöhen. Aus diesem Grund untersucht die FWC derzeit gemeinsam mit dem floridianischen Gesundheitsministerium, ob die Schlangen überhaupt im großen Maßstab für den menschlichen Verzehr geeignet sind. Wie CNN Travel berichtet, geht es dabei um das giftige Metall Quecksilber, das in den Everglades aufgrund des starken Eintrags von Düngemitteln in relativ hohen Konzentrationen vorkommt und sich in den Organismen anreichert. (Etwa die Hälfte der ursprünglichen Fläche der Everglades wird heute landwirtschaftlich genutzt.) Da die Pythons am Ende der Nahrungskette stehen, ist davon auszugehen, dass die Konzentrationen des Elements in ihren Körpern besonders hoch sind. Nach Aussage von Mike Kirkland, Leiter des Python Elimination Program, das von der FWC in Zusammenarbeit mit dem South Florida Water Management District durchgeführt wird, halten es die Wissenschaftler daher für wahrscheinlich, dass die Ergebnisse der Studie gegen eine kulinarische Nutzung der Pythons sprechen werden – aber falls sie sich mit dieser Einschätzung irren und feststellen sollten, dass man sie bedenkenlos verspeisen kann, wäre dies laut Kirkland "sehr hilfreich, um die Population zu kontrollieren".
Etwas weiter ist da schon Donna Kalil, die als erster weiblicher Pythonjäger für das Eliminierungsprogramm verpflichtet wurde und bislang schon über 470 Schlangen gefangen und eingeschläfert hat. Sie bezeichnet das Fleisch von Pythons als "ziemlich lecker". Kleinere Schlangen mit bis zu zwei Metern Länge testet sie selbst mithilfe eines speziellen Sets auf ihren Quecksilbergehalt, das sie im Internet erworben hat. Wenn die Konzentration unbedenklich ist, erhitzt sie das weiße Fleisch der Tiere in einen Dampfkochtopf, bis es weich und zart ist. Dazu bereitet sie eine Pasta- oder Chilisoße zu oder brät es zusammen mit Gemüse in heißem Öl im Wok. Auch zur Herstellung von Dörrfleisch seien die Schlangen gut geeignet. Dabei liebt sie die faszinierenden Tiere nach eigener Aussage eigentlich: Es seien "prächtige Kreaturen", die aber leider eine große Gefahr für die heimische Fauna der Everglades darstellten. So seien dort nach ihrer Erfahrung dank der Pythons kaum noch Kaninchen, Waschbären und Beutelratten zu finden.