Waghalsig:Bergung eines Alligators im Hafen von Miami.(Foto: © Mayskyphoto)
Der Anruf kam frühmorgens: Hilfe, ein Alligator im Pool! Als Todd Harwick eine Stunde später bei dem Haus in einem Vorort von Fort Lauderdale ankommt, wirkt die Hausbesitzerin jedoch ganz gefasst. »Wir haben ihn heute morgen beim Aufstehen im Pool herumschwimmen sehen«, erzählt sie, »offenbar schafft er es allein nicht mehr heraus.«
Todd schreitet zur Tat. Wer jetzt einen kühnen Sprung ins Wasser und ein anschließendes Gerangel à la Steve Irwin erwartet, wird enttäuscht. Gator-Trapper haben ihre Hilfsmittel und wissen geschickt damit umzugehen: Beim Pool-Einsatz ist es die lange Stange mit der großen Schlinge am Ende. Gekonnt manövriert Todd den Kopf des Tieres durch den Drahtring – und zieht zu. Als er den Alligator anschließend an Land hievt, gibt es doch noch ein filmreifes Finale, während das Reptil beim Versuch sich zu befreien mit seinem wuchtigen Schwanz umherschlägt. Todd wird patschnass – aber er hat den Gator fest im Griff. Mit raschen Handgriffen umwickelt er die Schnauze und zieht ihn dann im Schlepptau bis zu seinem Pick-up-Truck. Dort werden dem Gator auch noch die Beine festgeschnürt. Ende der Vorstellung.
»Dieser hat Glück, weil er noch so klein ist«, bemerkt Todd, »wir setzen ihn wieder in der Wildnis aus.« Größere Exemplare müssen entweder getötet werden, wenn sie den Menschen zu nahe kommen, oder sie landen auf einer Alligatorenfarm – denn man kann weitere Zusammenstöße nicht ausschließen. »Von April bis Juli haben wir Hochsaison«, erklärt der stämmige Reptilienfänger, »dann haben die Alligatoren Paarungszeit. Die Tiere sind sehr aktiv und gehen auf die Suche nach einer Romanze – leider oft an den falschen Stellen!« Jedes Jahr erhält die Gator Hotline über 13.000 Anrufe zu so genannten »nuisance alligators«.
Das sind Tiere, die sich zu nah an menschliche Behausungen oder öffentliche Flächen – etwa Golfplätze oder Kanäle – wagen und eine Bedrohung darstellen. Sie müssen mindestens vier Fuß lang sein, darunter sind sie für Menschen oder Haustiere nicht wirklich gefährlich. Rund 40 lizenzierte Trapper sind im Auftrag der »Florida Fish and Wildlife Conservation Commission« unterwegs und entfernen über 7.000 Alligatoren pro Jahr. Ihr Entgelt ist dabei der Erlös aus dem Verkauf von Alligatorenhaut und -fleisch.
Etwa 275 unprovozierte Angriffe von Alligatoren auf Menschen sind seit 1948 in Florida verzeichnet worden, 17 davon tödlich. Wer die Tiere freilich respektiert und sich an gewisse Spielregeln hält, hat gute Karten: niemals in der Dämmerung oder nachts schwimmen gehen, Kleinkinder und Haustiere nie unbeaufsichtigt ans Wasser lassen, Alligatoren keinesfalls füttern, stets gebührenden Abstand halten und die Tiere nicht belästigen oder provozieren.
Auch wenn die meisten Floridianer gelernt haben, mit den Alligatoren zu koexistieren, so gibt es aufgrund der stetigen Bevölkerungszunahme naturgemäß ein immer größeres Konfliktpotenzial. »Ich erinnere die aufgeregten Hausbesitzer gerne daran, dass ihr Garten ja noch vor kurzer Zeit ein unberührtes Feuchtgebiet war«, erzählt Gator-Trapper Todd, der bei seinen Einsätzen immer auch um Verständnis für die bedrängten Tiere wirbt, deren Lebensraum nahezu täglich schrumpft. »Die Frage ist dann nämlich eher, wer ist hier eigentlich in wessen Territorium eingedrungen?«
Weitere Informationen:
Alligator-Hotline
1-866-FWC-GATOR (392-4286)