Honigbiene Fort Lauderdale
Nicht nur als Bestäuber wild wachsender Pflanzen (hier in Fort Lauderdale) spielen Honigbienen eine wichtige Rolle. (Foto © Buddy Phillips/Shutterstock.com)
Mit über 600.000 Bienenstöcken verfügt der Sunshine State über eine der größten Honigbienenpopulationen in den Vereinigten Staaten, in denen es insgesamt rund 2,5 Millionen Bienenvölker gibt. Während der Wert des jährlich in Florida produzierten Honigs laut dem Magazin Flamingo circa 25 Millionen Dollar beträgt, liegen die Erträge durch die landwirtschaftlich in den gesamten USA produzierten Pflanzen, die durch Honigbienen bestäubt werden, bei rund 29 Milliarden Dollar. Angesichts dessen stellt das seit einigen Jahren weltweit zu beobachtende Bienensterben nicht nur für die Imker, sondern in hohem Maße auch für die US-amerikanische Landwirtschaft eine beträchtliche Bedrohung dar. Zu den Pflanzen, für deren Bestäubung Honigbienen eingesetzt werden, zählen neben Blaubeerbüschen und Kirschbäumen vor allem Mandelbäume, die jährlich allein in Kalifornien für Umsätze von 11 Milliarden Dollar sorgen.
Viele Jahre lang war insbesondere die Varroamilbe (Varroa destructor) für das langsame Sterben von Kolonien der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera) verantwortlich, ein Parasit, der sich natürlicherweise von der den Körper durchfließenden Hämolymphe der Larven der in Asien beheimateten Östlichen Honigbiene (Apis cerana) ernährt. Da Letztere weniger Honig produziert als ihre in Europa verbreitete Verwandte, wurde diese einst von Imkern in Asien eingeführt und kam dort nicht nur mit ihrer Schwesterart, sondern auch mit deren Parasit in Kontakt. Wie sich bald herausstellte, befällt die Varroamilbe bei der Westlichen Honigbiene auch die Arbeiterinnen, was dazu führt, dass ein Volk mit zunehmendem Milbenbefall immer weniger in der Lage ist, sich zu ernähren und schließlich dem Tode geweiht ist. Durch Rückexport der Westlichen Honigbienen verbreitete sich die Varroamilbe bald auch in Europa und anderen Teilen der Welt; heute gelten lediglich Australien und die Antarktis als varroafrei. Die Bekämpfung der Milben erfolgt zumeist durch Chemikalien, es gibt aber auch eine Reihe biologischer Methoden, den Parasiten in Schach zu halten.
Neben der Varroose trat bei US-amerikanischen Bienenvölkern in den letzten Jahren zunehmend die rätselhafte Colony Collapse Disorder (CCD) auf: Aus einem bisher unbekannten Grund verschwinden nach und nach die Arbeiterinnen, sodass die Königin und ihre Brut nicht mehr ausreichend ernährt werden können. Neuerdings wird ein weiteres, nicht weniger mysteriöses Phänomen beobachtet: Die Bienenvölker sterben einfach ab, nachdem sie einige Wochen zuvor noch kerngesund erschienen. Als Ursache für diese dramatischen Entwicklungen werden in der Landwirtschaft eingesetzte Chemikalien wie die als Beizmittel verwendeten Neonicotinoide oder auch Insektizide angenommen, die in Florida zur Bekämpfung von Mücken eingesetzt werden. Wissenschaftler vermuten allerdings, dass ein Komplex unterschiedlicher Faktoren für diese Phänomene verantwortlich ist.
Ein wesentlicher Grund dafür, dass Krankheiten und Parasiten wie die Varroamilbe sich so schnell in den gesamten USA verbreiten konnten, liegt in dem Umstand, dass zur Bestäubung der wirtschaftlich so immens wichtigen Mandelbäume regelmäßig Bienenvölker durch das Land transportiert werden, etwa von Florida nach Kalifornien, wo die Farmer für das Mieten eines Stocks den Imkern bis zu 200 Dollar zahlen. Gegenwärtig gibt es in Florida rund 5000 Bienenzüchter, von denen allerdings ein Großteil Hobbyimker sind. Infolge der verschiedenen Krankheiten und Formen des Bienensterbens geht alljährlich ein Drittel bis die Hälfte der Völker verloren, sodass die derzeitige Zahl von etwa 650.000 Stöcken nur mit Mühe aufrechtzuerhalten ist. Kommerzielle Imker sind dazu übergegangen, Bienenvölker weit häufiger aufzuspalten, als sie es in der Vergangenheit taten, was dazu führt, dass ihre dadurch aus weniger Bienen bestehenden Stöcke deutlich weniger Honig produzieren.
Ein anderes Problem, mit dem sich die floridianischen Imker konfrontiert sehen, ist die Angst der Bevölkerung vor den Stichen der Insekten, die mit der Einfuhr und Verbreitung sogenannter "Killerbienen" in den USA und besonders im Sunshine State zusammenhängt: In den 1950er-Jahren kam ein Imker in Brasilien auf die Idee, die Westliche Honigbiene mit einer aus Afrika eingeführten Unterart, der Ostafrikanischen Hochlandbiene (Apis mellifera scutellata), zu kreuzen, um eine Biene mit einem hohen Honigertrag zu züchten, die mit dem dortigen heißen Klima besser zurechtkam als ihre aus Europa stammende Vetterin. Diese Afrikanisierte Honigbiene erwies sich allerdings als deutlich aggressiver bei der Verteidigung ihres Stocks. In der Folge gelangten Afrikanisierte Honigbienenvölker nach Nord- und Südamerika, wo sie heute in den tropischen und subtropischen Zonen einen Großteil der wild lebenden Honigbienen ausmachen. In Florida liegt ihre Verbreitungsgrenze Richtung Norden ungefähr entlang der Interstate 4, die auch die Frostgrenze darstellt; zudem ist die Niederschlagsmenge nördlich davon markant höher, möglicherweise ein weiterer Grund dafür, dass Afrikanisierte Honigbienen dort nicht Fuß fassen können. Durch die Paarung mit von Imkern gehaltenen Westlichen Honigbienen entstehen auch bei den Bienenzüchtern immer wieder Hybridvölker.
Auch wenn es de facto in Florida nur selten ernsthafte Angriffe Afrikanisierter Honigbienen auf Menschen gibt, führte ihre Verbreitung dazu, dass die Einwohner des Sunshine State der ihnen nachgesagten Entspanntheit zum Trotz allgemein eine größere Furcht vor Bienen entwickelt haben und dazu neigen, schnell nach dem Kammerjäger zurufen, wenn sich in der Nähe ihres Hauses ein wildes Bienenvolk angesiedelt hat. Da es unmöglich ist, Amerika wieder von den Afrikanisierten Honigbienen zu befreien, bleibt seinen Bewohnern letztlich nichts anderes übrig, als zu lernen, mit ihnen umzugehen. Bienenexperten besuchen daher Schulen und arbeiten mit Polizeibehörden zusammen, um den Menschen zu zeigen, wie sie ihre Angst vor den Bienen überwinden und lernen können, mit ihnen zu leben.