Beliebtes Zahlungsmittel in den USA: die Kreditkarte (Foto: © Valerie Potapova)
Sie werden es schon erlebt haben: Selbst an der Supermarktkasse begleichen Amerikaner Kleinstbeträge gerne mit der Kreditkarte – für uns eher ungewohnt. Was im Kleinen gilt, findet im Großen täglich Anwendung: Möbel, Autos, Immobilien – in den USA wird meistens finanziert, auch wenn kein Kapitalbedarf besteht.
Einer der Hintergründe betrifft, indirekt, auch uns Europäer: Bei Finanzierungsanfragen und Einstufung der Bonität prüfen die Banken den Kreditnehmer in erster Linie nach zwei Kriterien: "The willingness and ability to repay", also dem Willen und der Fähigkeit, einen Kredit zurückzuführen. Die Fähigkeit wird aufgrund eines vorab festgelegten und standardisierten Einnahmen-/Ausgabenverhältnisses ermittelt. Generell kann man sagen, dass die Gesamtausgaben inklusive der zukünftigen US-Finanzierung 40 Prozent der Bruttoeinnahmen nicht überschreiten sollten.
Den Willen zur pünktlichen Bedienung eines Kredites beweist man in den USA mittels eines sogenannten "Credit Score". In einem zentralen System, auf das Banken, der Handel sowie zugelassene Dienstleister zurückgreifen können, ist dieser Wert festgehalten. Errechnet wird er aufgrund eingegangener Zahlungsverpflichtungen (Hypotheken, Kleinkredite, Kreditkarten, Ratenkauf etc.) und standardisierten Kennziffern.
Barzahlungen werden in diesem Kreditsystem nicht erfasst. Das mag für uns absolut widersinnig klingen, für US-Banken ist es nur logisch. So kann es sein, dass ein Großinvestor Immobilien für mehrere Millionen US-Dollar erwirbt und bar zahlt und dennoch keine Kreditkarte mit noch so geringem Verfügungsrahmen von seiner amerikanischen Bank erhält. (Wichtig: Die Banken unterscheiden zwischen sogenannten "Credit Cards" und "Debit Cards". Eine Credit Card kommt einer Kreditlinie gleich mit minimalen monatlich erforderlichen Rückführungen. Eine Debit Card wird, ähnlich unseren Bankkarten, sofort dem Konto belastet und trägt NICHT zum Credit Score bei. Rein optisch sind sie nicht zu unterscheiden.)
Auf den ersten Blick ein Teufelskreis. Man erhält keinen Kredit, weil man keine Kredite hat. Als Amerikaner kann man sich den Credit Score sukzessive aufbauen. Voraussetzung: eine Sozialversicherungsnummer (»Social Security Number«, auch »SSN«). Diese Nummern werden seit dem 11. September 2001 nicht mehr an Non-Residents vergeben, diese erhalten stattdessen eine reguläre Steuernummer. Wer aber etwa eine Greencard erhält oder schon früher eine SSN bekommen konnte, hat die Möglichkeit, sich diesen Score aufzubauen. Hierfür benötigt man wenigstens drei eingegangene Zahlungsverpflichtungen, die über mindestens zwei Jahre pünktlich und regelmäßig bedient werden. Ein guter Score ist Voraussetzung für die besten Konditionen.
Ein Nicht-Ortsansässiger (sog. »Non-Resident«) kann den Nachweis seines Zahlungswillens in Form von Referenzschreiben von drei Finanzinstituten (Banken und/oder Kreditkartengesellschaften) aus seinem Heimatland erbringen. Die Höhe der Einkünfte und bar gezahlte Vermögenswerte fließen zwar in die Kreditentscheidung der Banken mit ein, finden jedoch nicht im Credit Score ihren Niederschlag. Gerade für Käufer, die kurz- oder mittelfristig in die USA auswandern wollen, ist es wichtig, sich so früh wie möglich um einen Credit Score zu bemühen.
Jene Non-Residents, die über keinen Credit Score verfügen, können Portfoliokredite beantragen. Die Nachweispflicht ist hier denkbar einfach:
Zahlungswilligkeit:
• Drei formlose Schreiben von Banken oder Kreditkartengesellschaften über eine mindestens zweijährige, anstandslose Geschäftsbeziehung
Zahlungsfähigkeit:
• Einkommensnachweise der letzten zwei Kalenderjahre sowie des aktuellen Jahres
• Schreiben vom Steuerberater (bei Selbstständigkeit)
• Schreiben des Arbeitgebers (bei Anstellungsverhältnis) plus Gehaltsabrechnungen.
In sehr seltenen Fällen: Steuerbescheide und Bilanzen
Eigenkapital:
• 60 Tage Kontoauszüge
• Gegebenenfalls Nachweis der Herkunft der Gelder (bei weniger als 60 Tagen)
Dieser Artikel stellt keine Rechtsberatung dar, sondern dient ausschließlich der allgemeinen Information.
Über die Autorin:
Kirsten Paul ist Bankkauffrau und Mortgage Broker mit Büros in München, Telefon + 49 (89) 189 50 996, und Florida, Telefon (239) 344-9930; E-Mail: info@paul-finance.com