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Carsten Sturm vor einer zweimotorigen Diamond DA42 Twin Star. Mit diesem Modell gelang ihm vor ein paar Jahren sogar einmal eine Atlantik-Überquerung.(Foto: © Florida Sun Magazine 02/2008)
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Internationales Team – die Fluglehrer der EAA kommen aus vielen verschiedenen Ländern.(Foto: © Florida Sun Magazine 02/2008)
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Schöne Aussichten: Formationsflug über Keewaydin Island.(Foto: © Florida Sun Magazine 02/2008)
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Sicher gelandet – die zweimotorige Diamond DA42 Twin Star beim Ausrollen.(Foto: © Florida Sun Magazine 02/2008)
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Atemberaubend – Naples’ noble Strandmeile aus der Vogelperspektive.(Foto: © Florida Sun Magazine 02/2008)
Unser Pilot erklärt uns noch einmal die Kontrollen der Diamond DA42 Twin Star, dann geben wir per Funk dem Tower Bescheid und rollen Richtung Startbahn. Sechs Maschinen haben sich vor uns aufgereiht, es ist ein betriebsamer Nachmittag hier am Naples Municipal Airport. Der kleine Flughafen am Golf von Mexiko gehört zu den verkehrsreichsten in ganz Florida – was allerdings vor allem daran liegt, dass hier keine großen Passagiermaschinen abheben, sondern zumeist die Privatjets wohlhabender Manager oder VIPs, die mal eben für ein Wochenende von Chicago oder New York aus nach Naples kommen, um ihre Villa zu besuchen und in der warmen Wintersonne ein bisschen Golf zu spielen.
»Da drüben die beiden Jets – die kosten jeweils so um die 30 Millionen Dollar«, ruft Carsten Sturm über das Mikrofon in unsere Kopfhörer. Die luxuriösen Privatflieger wären uns zwischen all den anderen Gulfstreams, Embrears und Learjets gar nicht aufgefallen ... Sturm richtet das Flugzeug aus, wir stehen jetzt am Anfang der Startbahn. Nun gibt er Vollgas und wartet, bis der viersitzige Vogel rund 55 Knoten macht. Dann zieht er den Steuerknüppel sanft zu sich – wir heben ab. Die Landebahn verschwindet unter uns, die Diamond gewinnt schnell an Höhe. Anders als erwartet scheinen die Fliehkräfte in diesem relativ kleinen Hüpfer fast geringer zu sein als in einer großen Passagiermaschine. Und auch die Vibrationen der zwei Turbodieselmotoren halten sich in Grenzen.
Komfortabel gleiten wir über die gepflegten Häuser und verzweigten Kanäle von Naples hinweg. Über Bordfunk erklärt unser Pilot einige technische Details, wir steigen auf über 3000 Fuß. Unter uns liegen direkt am Strand die Appartementkomplexe von Pelican Bay, links erstrecken sich der Gordon River und die zahlreichen Buchten und Seitenarme von Port Royal. Anschließend geht es über die weißen Strände und die üppig wuchernden Mangrovenwälder von Keewaydin Island hinweg. Am Horizont türmen sich große Wolken in den Himmel. Nach einigen Runden über Marco Island und einem etwas ruckeligen Abstecher in einen Wolkenturm (»wir wollen mal sehen, welche Auswirkungen so ein bisschen Wasserdampf auf ein Kleinflugzeug hat«), fliegen wir zurück zum Heimatflughafen. Wir funken den Tower an, um unsere Landeerlaubnis zu erhalten.
»Roger, N124TS is cleared to land.« Behutsam senkt Carsten Sturm das Flugzeug ab und steuert auf die Runway zu. Die Sonne geht gerade am Horizont unter, als wir sanft auf dem Asphalt aufsetzen. Ein herrlicher Flug – und wäre es nicht schon so furchtbar abgegriffen, man würde Reinhard May Recht geben wollen, als er einst von jener grenzenlosen Freiheit schwärmte, die er irgendwo »über den Wolken« vermutete ... Auch Carsten Sturm hat diesen Traum geträumt. Damals, als er sich in Deutschland als junger Mann für die Luftwaffe verpflichtete. Später wechselte er vom Pilotensitz in den Managementsessel, arbeitete einige Jahre lang bei internationalen Konzernen.
Doch die Sehnsucht nach einem Leben mit und für die Fliegerei blieb. Und wohl auch ein Stück Fernweh. Denn im Jahre 2000 entschieden sich Sturm und seine Ehefrau Bettina, nach Florida überzusiedeln. »Wir waren unsere Karrierezwänge – meine Frau arbeitete damals für einen internationalen Musikkonzern – einfach leid«, erinnert sich Sturm. Florida hatte die beiden schon seit Langem angezogen. Und was zunächst gar nicht geplant war, ergab sich nach einiger Zeit so zufällig wie zwangsläufig: Carsten und Bettina übernahmen eine von einem Deutschen geführte Flugschule in Naples – die Geburtsstunde von EAA Europe-American Aviation. Eine schwere Geburt freilich:
»Eine Woche nach unserer Eröffnung passierten die furchtbaren Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon«, erinnert sich der Unternehmenschef immer noch mit Grauen. »Für Wochen war der Ausbildungsbetrieb behördlicherseits auf Eis gelegt.« Doch EAA erholt sich rasch vom Anfangsschock. Schnell spricht sich rum, mit welch deutscher Gewissenhaftigkeit und Gründlichkeit Sturm und seine Fluglehrer hier die Ausbildung durchführen. Und auch, dass hier längst nicht mehr mit alten und klapprigen Cessnas geflogen wird, sondern mit modernem Fluggerät der Marke Diamond. EAA und Diamond Aircraft, weltweit der zweitgrößte Hersteller von zwei- und viersitzigen Flugzeugen mit Sitz in Österreich, sind dabei eine strategische Partnerschaft eingegangen.
»Als erstes Diamond Brilliance Flight Center in der Welt können wir unseren Kunden das beste Training auf dem besten verfügbaren Equipment bieten«, ist Carsten Sturm überzeugt. Klassische Lehrmethoden werden bei EAA durch modernes PC-gestütztes Lernen ergänzt. Ausgesprochen nützlich ist ein Simulator, an dem man sämtliche Szenarien durchspielen kann, mit denen Piloten sich später auf dem Flug im echten Fluggerät konfrontiert sehen. »Da können wir pro Stunde bis zu 20 Starts und Landungen üben – das spart natürlich Zeit und Geld.« Besonders stolz ist man bei EAA, dass man seit Neuestem auch das Training zum Berufspiloten anbieten kann. »Damit ist es uns nun möglich, von der ersten Flugstunde bis zum Commercial Pilot Checkride die gesamte Ausbildung durchgängig zu absolvieren«, so Sturm.
»Tatsächlich haben viele unserer Kunden eine professionelle Pilotenkarriere eingeschlagen.« Wir laufen über das Rollfeld zur Lobby der Flugschule. Der Geruch von Kerosin und Diesel wabert durch die Luft – das 4711 der Aironauten. Am Front Desk begrüßt uns Christine. »Did you have a good flight?« Oh ja, den hatten wir! An einer Stellwand hängen die Bilder der derzeitigen Flugschüler, darunter notiert ist der jeweilige Stand ihrer Ausbildung. Gleich daneben aufgereiht sind die Fotos der Ausbilder, fast ein Dutzend inzwischen. Dreizehn Flugzeuge hat EAA mittlerweile im Einsatz, von der kleinen einmotorigen DA20 Eclipse bis hin zur viersitzigen DA42 Twin Star.
Doch die familiäre Atmosphäre ist geblieben. Davon zeugen auch die Erinnerungsstücke, die hier ausgestellt sind: Teddybären in Fliegermontur, gekritzelte Kinderzeichnungen von Flugzeugen, bemalte T-Shirt-Fetzen, auf denen Flugschüler flotte Sprüche verewigt haben. Eine eingeschworene Familie – Menschen, die Kerosin im Blut haben und ihre Leidenschaft für die Fliegerei teilen. Rund die Hälfte der Kunden kommt derzeit aus Europa. »Angesichts des günstigen Dollarkurses kann man hier heute Urlaub machen und den Flugschein erwerben«, lacht Carsten Sturm, »und das zu dem Preis, der in Deutschland für den Flugschein allein zu Buche schlagen würde.«
Erfahrungsgemäß kostet es acht- bis zehntausend Dollar, ehe man bei EAA seine amerikanische Fluglizenz erworben hat. Genauso wichtig aber: Wer weit weg von seinem Alltag ist, kann sich besser auf das Flugtraining konzentrieren. Ob man mit dem hier erworbenen Pilotenschein auch in Deutschland fliegen darf, wollen wir wissen. »Mit der amerikanischen Fluglizenz kann man amerikanische Flugzeuge überall auf der Welt mieten und fliegen«, erklärt EAA-Chef Sturm. »Viele private Eigentümer und Fliegerclubs bieten auch in Deutschland amerikanische Flugzeuge zur Miete an.« Doch auch die Umwandlung eines US-Pilotenscheins in eine deutsche Lizenz sei relativ problemlos möglich.»Man muss das nur beim Luftfahrt-Bundesamt in raunschweig beantragen.
«Wir sitzen vor dem Gebäude der Flugschule und trinken zum Abschied einen Kaffee. Ein grau melierter Herr fährt vor und erkundigt sich auf Deutsch, ob man die Diamonds auch für einen Kurztrip auf die Bahamas mieten könne. »Natürlich«, antwortet Carsten Sturm, »Voraussetzung ist ein gültiger US-Pilotenschein, ein Flight Review und ein medizinisches Zeugnis. Die Damen am Front Desk helfen Ihnen da gerne weiter.« Und dann muss er auch schon wieder los, der nächste Flugschüler wartet darauf, mit seiner DA40 in die Lüfte zu steigen. Die Faszination Fliegen kennt halt keine Ruhepausen.
Kontakt:
EAA Europe-American Aviation
200 Aviation Drive North,
Suite 6, Naples, FL 34104
Telefon (239) 430-9220
Ausbildung: Gemäß FAR §61 & 141 zu allen FAA-Lizenzen.
Voraussetzung für eine Vermietung:
• Gültiger US-Pilotenschein (mindestens »FAA PPL« oder »Restricted US-PPL« basierend auf einer ausländischen Lizenz)
• Gültiger »Biennial Flight Review«
• Gültiges »US Medical« (mindestens 3rd Class)
• Checkout mit einem EAA-Fluglehrer
Preise: ab 106 Dollar pro Stunde in einer DA20-C1 Eclipse,156 Dollar pro Stunde in einer DA40 Diamond Star.
Eine umfangreiche Liste von Flugschulen in Florida finden Sie im Internet unter www.flightschoollist.com/florida.html