Doch es ist nicht eine andere Sprache, die uns hier erwartet. Es ist ein anderes Leben, das uns hier erwartet: ein Leben in einem anderen Land, auf einem anderen Kontinent, in einer anderen Kultur. Ein Miteinander mit Menschen, die mit ganz anderen Idealen, anderen Werten und einem anderen Bildungssystem aufgewachsen sind.
Es sind die Kleinigkeiten des Alltags, die das Leben zur Herausforderung werden lassen. Es beginnt mit dem hiesigen Führerschein, so bekommen wir einen Discount bei der Autoversicherung. Wir brauchen eine wind mitigation für eine günstigere Hausversicherung. Wir stellen fest, dass Gesundheitssystem und Krankenversicherung in den USA nichts mit dem uns vertrauten deutschen Absicherungsgedanken zu tun hat. Wir finden heraus, was ein credit score ist und warum eine credit history so wichtig ist. Wir beantragen eine homestead exemption. Wir arbeiten uns durch Mobilfunk-Anbieter und deren Angebote durch. Wir lernen, einen Account beim hiesigen Energieversorger anzulegen, Internetzugang und Fernsehen zu bekommen. Und wir lernen die hiesige work ethic kennen, die uns manches Mal fassungslos sein lässt. Wir machen uns mit hiesigen Feiertagen und Traditionen vertraut.
Wir stellen fest, wie anders die Schulsysteme sind. Wie setzen sich die Noten zusammen? Warum gibt es neben den Buchstaben plötzlich auch noch Zahlen und Prozentsätze? Und jetzt noch ein zusätzlicher reading score? Was ist standardized testing? Und dann kommt die größte Herausforderung für uns Eltern: 12 Wochen Sommerferien. 12 Wochen! Haben wir uns wirklich früher über die 6 Wochen Ferien in Deutschland beklagt? Zumal in den USA ganze 2 Wochen Jahresurlaub keine Seltenheit sind. Das Zauberwort heißt Summer Camps, wir werden fündig und die Kinder haben Spaß – doch der Spaß hat seinen Preis.
Das Leben hier ist nicht etwa komplizierter – nein, es ist einfach nur anders. Und diese Andersartigkeit müssen wir kennen (und lieben) lernen. Das fällt gar nicht so schwer, denn die Menschen hier nehmen uns mit einer unglaublichen Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft auf. Wir lernen schnell, dass am Mythos der Oberflächlichkeit wenig Wahres dran ist. Hier wird nicht gedrängelt und geschubst, die Menschen gehen respektvoll und freundlich miteinander um.
Geduldig erklären uns zahlreiche Hotlines immer und immer wieder, was wir noch nicht wissen, oder nicht verstehen wollen. Und Stück für Stück stellen wir fest, dass auch wir gelassener mit einigen (nicht mit allen) Dingen umgehen und dieses Gefühl des „ständigen gehetzt sein“ abgelegt haben. Sonne und Licht sind eben doch Balsam für die Seele. Mit jeder Fahrt über die zahlreichen Brücken genießen wir die Schönheit des Augenblicks, mit jedem Atemzug die vielseitige Natur, die Nähe zum Meer und die vielfältigen Möglichkeiten in und am Wasser.
Heute fragt mich einer meiner Kunden aus der Schweiz, mit dessen Familie ich auf der Suche nach ihrem Traumhaus hier in Cape Coral unterwegs war: „Seid ihr euch eigentlich darüber im Klaren, wie schön es hier ist? Ihr lebt schon im Paradies!“
(Fotos: © Claudia Hossiep)