Ron DeSantis in Juno Beach
Setzt seinen Corona-Lockerungskurs entgegen aller Kritik entschlossen fort: Floridas Gouverneur Ron DeSantis, hier mit seiner Frau und Tochter im Loggerhead Marinelife Center in Juno Beach (Foto © YES Market Media/Shutterstock.com)
Gemäß dem von Floridas Gouverneur am vergangenen Montag unterzeichneten Gesetz werden lokalen Behörden ab dem 1. Juli jegliche mit Covid-19 in Zusammenhang stehende allgemeine Notverordnungen untersagt. Zur Überbrückung der Zeitspanne bis zum Inkrafttreten des Gesetzes kündigte DeSantis laut CBS NEWS den Erlass eines Dekrets an, durch das derartige generelle Beschränkungen und Auflagen ab sofort als ungültig erklärt werden.
So dürfen Verordnungen etwa zur Pflicht zum Tragen von Mundnasenschutzbedeckungen an bestimmten Orten oder der Beschränkung der Zahl der zulässigen Personen in einem Geschäft oder Restaurant künftig nur noch so abgefasst werden, dass sie maximal eng auf den damit konkret verbundenen Zweck zugeschnitten ("narrowly tailored") sind, sodass die im 1. Zusatzartikel der Verfassung den US-Bürgern zugebilligten Freiheitsrechte – zu denen auch die Versammlungsfreiheit zählt – so wenig wie möglich eingeschränkt werden. Außerdem dürfen derartige Maßnahmen nur noch in Sieben-Tage-Schritten ergriffen werden und sind generell auf maximal 42 Tage beschränkt. Darüber hinaus verbietet das Gesetz öffentlichen Einrichtungen und privaten Unternehmen, von ihren Angehörigen beziehungsweise Kunden Impfnachweise zu verlangen. Wie USA Today unter Berufung auf die Tampa Bay Times feststellt, bleiben von Geschäften oder Einrichtungen verhängte Auflagen wie Maskenpflicht und Social-Distancing-Regeln von dem Gesetz aber unberührt.
Seitens der politischen Gegner DeSantis’, der als potenzieller Mitbewerber bei der nächsten US-Präsidentschaftswahl 2024 gilt, wurde an dem neuen Gesetz viel Kritik laut: Einige warnten davor, dass die Beschränkung der lokalen Regierungen im Hinblick auf die Verhängung von Notmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen werde und zudem dazu führen könne, dass Touristen den Sunshine State aus Sorge um ihre Gesundheit mieden. Das Verbot für Einrichtungen und Unternehmen, von ihren Angehörigen oder Kunden Impfbescheinigungen zu verlangen, könne im Übrigen seinerseits als Verletzung des 1. Verfassungszusatzes angesehen werden. DeSantis’ Feststellung, dass es den Geschäften trotz der Abschaffung lokaler Notstandsverordnungen ja weiterhin möglich sei, von ihren Kunden das Tragen von Masken zu verlangen, begegnete die Co-Führerin der demokratischen Fraktion von Floridas Repräsentantenhaus Evan Jenne mit dem Hinweis, dass das Gesetz den Druck auf sie erhöhen werde, solche Auflagen aufzuheben. Dies werde zu "sehr viel Verwirrung" führen, sagte sie laut USA Today. Angesichts des Umstands, dass der Gouverneur mit seiner Politik der schnellen Lockerung zur Wiederankurbelung der Wirtschaft in republikanischen Kreisen erhöhte Aufmerksamkeit gewinnen konnte, äußerte sie die Vermutung, dass das Gesetz im Zusammenhang mit den Ambitionen DeSantis’ auf "ein höheres Amt" stehe. Ihre Parteikollegin Fentrice Driskell, die für Tampa im US-Repräsentantenhaus sitzt, wies darauf hin, dass die USA sich noch immer "mitten in einer globalen Pandemie" befinde. Nach wie vor entwickelten sich neue Varianten des Virus, die sich "ungezügelt" ausbreiteten.
Unterdessen wird die Impfkampagne in den USA zunehmend durch Impfmüdigkeit und -skepsis in der Bevölkerung ausgebremst. Wie USA Today berichtet, war die Zahl der Erstimpfdosen, die in der Woche bis zum vergangenen Montag verimpft wurden, mit 6,54 Millionen nur noch weniger als halb so groß wie die entsprechende Zahl drei Wochen zuvor. Bis zum 4. Mai hatten rund 147 Millionen US-Amerikaner, 44 Prozent der Gesamtbevölkerung, mindestens eine Impfdosis erhalten. In Umfragen gaben über ein Viertel der Amerikaner an, sich nicht impfen lassen zu wollen. Hinzu kommt, dass viele einfach Geimpfte offenbar nur geringe Lust verspüren, sich auch noch die zweite Impfdosis verabreichen zu lassen, die bei den Impfstoffen von Biontech und Moderna zur Erlangung eines vollständigen Impfschutzes notwendig ist. Infolgedessen erweist sich das Ziel der Herdenimmunität, für das eine Impfquote von etwa 70 Prozent nötig ist, als schwierig zu erreichen.
Einige Experten gaben in dieser Sache allerdings Entwarnung: Ihrer Ansicht nach ist die Erlangung einer Herdenimmunität gar nicht nötig, um einen dramatischen Rückgang der Covid-19-Infektionszahlen zu bewirken. Laut Professor Robert Wachter vom Institut für Medizin der University of California in San Francisco führt etwa eine Impfquote von 50 Prozent bereits dazu, dass die Zahl der Neuinfektionen "signifikant nach unten gedrückt" werde. Auf der anderen Seite steht demnächst eine erneute Ausweitung der Impfberechtigten in den USA an: Voraussichtlich Anfang nächster Woche wird die amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA (Food and Druck Administration) den Impfstoff von Biontech auch für Kinder zwischen 12 und 15 Jahren freigeben. Der Rückgang der Nachfrage nach den Impfangeboten führte laut News Channel 8 dazu, dass in Florida seit Ende April für eine Impfung kein Nachweis mehr nötig ist, dass der oder die Impfwillige dort auch seinen beziehungsweise ihren ersten Wohnsitz hat. Somit ist jetzt jeder, der sich legal im Sunshine State aufhält, prinzipiell berechtigt, sich dort gegen Covid-19 impfen zu lassen.
Tatsächlich lag die Zahl der täglichen Neuinfektionen im Wochendurchschnitt am 4. Mai US-weit bei unter 50.000. Derart niedrig war dieser Wert laut USA Today zuletzt Anfang Oktober gewesen. In Anbetracht dieser Entwicklung und der bereits relativ hohen Impfquote hat die US-Gesundheitsbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) laut News Channel 8 offiziell bekanntgegeben, dass geimpfte Personen im Freien keine Masken mehr zu tragen brauchten und auch nicht geimpfte Bürger auf die Masken verzichten könnten, sofern sie sich nicht an sehr belebten Orten aufhalten. Diese Empfehlung gelte für beide Gruppen allerdings nicht beim Besuch von vielen Menschen besuchter Events wie Konzerte oder Sportveranstaltungen.
Angesichts der dramatischen Infektionsentwicklung in Indien hat die US-amerikanische Regierung am vergangenen Dienstag auch über dieses Land eine weitgehende Einreisesperre verhängt. In der Europäischen Union, in der seit Mitte März 2020 Einreisebeschränkungen für Reisende aus dem Großteil der übrigen Länder gelten, wird derweil an einer Regelung gearbeitet, durch die die Staatengemeinschaft zumindest für Geimpfte aus den meisten Staaten wieder geöffnet werden soll. Nach einem Bericht von Bloomberg könnte diese bereits Anfang Juni gerade rechtzeitig zur Sommerreisesaison in Kraft treten, sofern die 27 EU-Mitgliedsstaaten sich einig werden. Geplant ist, einerseits die Einreise von Geimpften oder Genesenen ohne Auflagen und Quarantäneverpflichtung zuzulassen. Daneben soll weiterhin Reisenden aus Ländern, die aufgrund der dortigen Infektionsentwicklung und Anti-Corona-Maßnahmen als Gebiete mit niedrigem Risiko eingestuft werden, die Einreise möglich sein, wenn sie eine Impfbescheinigung, den Nachweis über eine überstandene Corona-Erkrankung oder einen maximal 48 Stunden alten negativen Corona-Test vorlegen können. Dabei solle es eine sogenannte Notbremse geben, die es Mitgliedsstaaten der EU erlaubt, bereits aufgehobene allgemeine Einreisebeschränkungen über Länder wieder in Kraft zu setzen, in denen sich neue, gefährlichere Virusvarianten ausbreiten oder die Infektionszahlen nach oben schnellen.
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