Finanztransaktion oder Ferientraum? (Foto: © Yarek Gora)
Mit den Wechselkursen ist das so wie mit dem Leben an sich: Sie nehmen einen zuweilen mit auf eine echte Achterbahnfahrt. Beispiel Dollar: In den Jahren von 1950 bis 1957 war der »Greenback« noch 4,20 DM wert, anschließend verfiel sein Preis kontinuierlich. Im Jahre 1980 belief sich der Kurs gerade noch auf 1,82 DM, den Tiefpunkt erreichte die amerikanische Währung 1995 mit 1,43 DM. Im Jahre 2002 folgte die Umstellung auf den Euro – doch die Berg- und Talfahrt ging weiter. Zahlte man anfangs noch 1,11 Euro für den Dollar, war er fünf Jahre später nur noch 0,68 Euro wert. Heute (Stand Mitte August 2015) kostet der Dollar wieder 0,91 Euro.
Für Käufer von Florida-Immobilien aus dem Euroraum hat der Wechselkurs natürlich ganz direkte Auswirkungen: Je stärker der Euro im Vergleich zum Dollar, desto mehr Haus bekommt der Investor aus Europa fürs gleiche Geld. Fällt der Wert des Euro hingegen, verteuert sich der Immobilientraum unter der Sonne.
Die Auswirkungen eines ungünstigeren (oder als ungünstiger wahrgenommenen) Wechselkurses auf die Kauffreude von Europäern in den Vereinigten Staaten schlagen sich schnell in den Statistiken nieder. Parallel zum Wertverlust des Euro um 23 Prozent zwischen dem ersten Quartal 2014 und dem ersten Quartal 2015 verringerte sich das Gesamtvolumen europäischer Immobilienkäufe in den USA um 32 Prozent.
Auch bei uns in Florida war der Trend zur Zurückhaltung zu spüren, wenn auch nicht so gravierend wie im Rest des Landes. Meiner Beobachtung nach nehmen Europäer in puncto Immobilienerwerb derzeit aber auch hier eine eher abwartende Haltung ein. Im Gegenzug erwägen immer mehr europäische Haus- und Apartmentbesitzer momentan, ihre Florida-Immobilie zu veräußern. Auf den ersten Blick ergibt das durchaus Sinn. Wer zum Beispiel im Jahre 2008 ein Haus für 300.000 Dollar erworben hat und dieses heute für dieselbe Summe verkauft, kann selbst nach Abzug von Notariats- und Maklerkosten allein aufgrund des Wechselkurses einen Gewinn von rund 46.000 Euro verbuchen.
Den Erwerb oder Verkauf einer Ferienimmobilie einzig und allein von zu erwartenden Wechselkursschwankungen abhängig zu machen, ist freilich kaum anzuraten. Wie oft habe ich schon erlebt, dass Urlauber es bereut haben, ihren Immobilientraum nicht wahr gemacht zu haben, weil der Dollar ihrem Empfinden nach zu einem bestimmten Zeitpunkt zu teuer war, nur um später festzustellen, dass die Immobilienpreise im Nachhinein weiter angezogen hatten. So wie im Moment: Konnte man in der Region Cape Coral im Jahre 2012 ein Einfamilienhaus im Schnitt noch für 140.000 Dollar erwerben, kostete dieses Anfang 2015 bereits 208.000 Dollar.
Ich gehe davon aus, dass dieser Trend auch in den kommenden Jahren anhalten wird, wenn auch weniger dramatisch. Amerikas »Babyboomer« kommen in die Jahre – und sehnen sich im Alter nach einem Plätzchen in der Sonne. Die Nachfrage nach attraktiven Immobilien im Sunshine State wird steigen. Für hier investierende Europäer bedeutet das: Sie erwerben eine Immobilie, deren Attraktivität in den kommenden Jahren eher zunehmen wird – ob für potenzielle Käufer oder für Mieter. Gerade bei letzteren relativiert sich ein vermeintlich schwächerer Euro-Kurs ohnehin wieder, wenn man von seinen Gästen in »harten Dollars« bezahlt wird und einem auf diese Weise der Wechselkurs zugute kommt.
Von der Börse heißt es, dass niemand klingelt, wenn der beste Ausstiegs- oder Einstiegszeitpunkt gekommen ist. Ähnliches gilt am Immobilien- oder Währungsmarkt: Den »idealen« Zeitpunkt erwischt man in der Regel nicht. Abgesehen davon scheint mir der Erwerb einer Immobilie in Florida ohnehin mehr als »nur« eine Finanztransaktion zu sein. Er ist für viele die Verwirklichung eines lang gehegten Lebenstraums. Unabhängig davon, welche Achterbahnfahrt die Währungen auch in Zukunft wieder hinlegen werden.
Über den Autor
Gerhard Jakobeit ist Realtor bei der RE/MAX Realty Group in Fort Myers. Telefon (239) 677-7057; E-Mail: info@jakobeit.com